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Was es heißt, ein Heide zu sein !
Heide sein, das ist nicht schwer ?
Was heißt es ein Heide zu sein ?

von Roibin

Immer wieder muß sich ein "neuer" Heide rechtfertigen. Es heißt, er würde sich der Rationalität, der Wissenschaft und der Welt der Technik entziehen und sich stattdessen in eine nach dem Patchwork-Prinzip und den eigenen Bedürfnissen zusammengesuchten Religion flüchten, die noch dazu in keiner Weise mit dem Abendland und unserer europäische Kultur in Zusammenhang stünde. Frei nach dem Motto, der mystisch unbefriedigte Mensch bedient sich im Bauchladen der Esoterik und findet seine Befriedigung in der Flucht vor dem Alltag, der ihm zu schwierigen Wirklichkeit. Spiritualität und Glauben sind in unserer Gesellschaft nicht nur an den Rand gedrängt worden, sie stehen bereits am Rande der Lächerlichkeit. Selbst Christen bekommen das manchmal zu spüren, doch mit welcher Vehemenz schlägt die Ablehnung, Verunglimpfung und Lächerlichmachung auf die "neuen" Naturreligionen herab.

Nun gibt es bestimmt wenige Heiden, die zurück zu den "guten" alten Zeiten möchten. Welcher Heide verzichtet schon auf Auto, Telefon oder Computer ? Warum also ist das "neue" Heidentum so bedrohlich für alle "rationalen" Menschen. Eine höchst irrationale Reaktion steht dahinter, indem wir in Frage stellen, ob unsere Perspektive der Weltsicht und unsere Lebenseinstellung zur Natur oder Schöpfung die Richtige ist, bedrohen wir das sichere Zuhause der Rationalisten. Das Weltbild von der Überlegenheit des Menschen über die Natur, der Herrschaft der Technik und der Rationalität. Denn wir kennen keine Trennung von Rational und Irrational, wirklich und mystisch oder glauben wir, daß unsere Glaubenserfahrungen, unsere Erkenntnisse in der Natur, unsere Gefühle und unsere Rituale irrational sind, nein für uns sind sie wirklich, so wirklich wie der Computer, das Auto und das Telefon. 

Wir empfinden diese Trennung nicht und also erfahren wir die Welt anders als die Rationalisten. Aus ihrer Sicht entziehen wir uns der Überprüfbarkeit und der Kritik durch die Kehrung nach Innen, doch aus unserer Sicht besteht doch kein Unterschied zwischen Innen und Außen, denn wir sind ein Bestandteil des Ganzen. Eine Kehrung nach Innen ist also zwangsläufig eine Öffnung nach Außen. Gerade in dieser Aufhebung der Dichotomien von Innen und Außen, Rationalität und Irrationalität, Wirklich und Mystisch aber besteht unsere Stärke. Das Streben nach dem Ganzen, das alle Religionen erfüllt, ist bei uns ein Streben nach dem Eins sein mit Mutter Erde und ihrer Schöpfung. 

Es ist die tiefempfundene Wahrnehmung, daß wir nicht außerhalb der Natur und ihrer Gesetze stehen, das wir nicht über etwas herrschen können, daß uns beherrscht- auch wenn es dem technikgläubigen und rationalitätsgläubigen Menschen so scheinen will, denn gerade dieser Mensch stößt mit seiner Sicht der Dinge immer wieder an Grenzen, die er durch seine Sichtweise der Dinge nicht erklären noch für sich klären kann. Diese sind dann Irrational. Fast ebenso verhält es sich mit den Gegensätzen Gut und Böse.

Wie steht es nun aber mit dem Vorwurf der Beliebigkeit, der Normen und Wertelosigkeit der "neuen" Naturreligionen, der Patchwork-Mentalität oder Guruhopping ? Zugegeben unter sehr viel Mist glänzt nur wenig Gold, doch dieses Gold ist es wert betrachtet und gesucht zu werden ! Zugegeben wer sucht, muß einiges ausprobieren und vielleicht kommt er nie ans Ziel. Buddhisten sagen
( merke: Patchwork !) der Weg ist das Ziel.

Das viel beschworene Weltbürgertum darf selbstverständlich nur für die aufgeklärte und rationale Welt gelten, nicht aber für die Welt der Spiritualität.

Zugegeben wir haben wenig Dogmen und Normen, dafür aber viele Werte wiederentdeckt, von denen sich andere weit entfernt haben. Wir sind auf der Suche nach einer Welt ohne Dogmen, Normen und Verbote- ohne anarchische Zustände herbeizusehnen.

Die Spuren und Wege unserer Vorfahren bevor das Christentum seinen Einzug in die Welt hielt sind in Europa verschüttet, wen wundert es also, wenn wir - auf der Suche nach unseren Wurzeln- zuerst dahin schauen, wo es vermutlich ähnliches noch gibt. In dem wir den alten Traditionen unserer Vorfahren auf der Spur sind, verändern wir sie natürlich auch, denn, was wäre eine Religion, die sich nicht mit den Menschen, ihren Empfindungen und Gedanken, ihrer Umwelt, verändert und wandelt, eine tote Religion. So wie das Christentum, daß sich auf ein Buch stützt, daß vor 2000 Jahren niedergeschrieben wurde und sich nun müht zu beweisen, daß es auch noch im 21. Jahrhundert alle und zwar sämtliche Antworten auf die Fragen der Zeit enthalte.

Wir Heiden haben es da in der Tat leichter, unsere Traditionen enthalten kaum Dogmen, unsere Spiritualität erlaubt uns, andere zu Wort kommen zu lassen, anderen zuzuhören und gemeinsam zu lernen. Denn wir glauben nicht, daß es eine Wahrheit und nur eine Antwort gibt und schon gar nicht nur einen Weg. 

Wir bemühen uns etwas wiederzubeleben, daß verloren wurde, aber wir bemühen uns gleichfalls etwas "neues-altes" zu unserer heutigen Gesellschaft hinzuzufügen, daß ihr nämlich fehlt: Einen Begriff von ihrer eigenen Relativität, die nur aus unserer Perspektive so groß, so unbezwingbar und gut wirkt. Eine Aufhebung der Gegensätze, einen Gleichklang mit dem Lauf der Dinge, einen Einklang mit den Gesetzen von Mutter Natur und nicht zuletzt dadurch und damit um einen inneren wie äußeren Einklang mit uns selbst, den wir sind Bestandteil des Ganzen.

Ich schließe mit einer indianischen Weisheit: Die Natur hat nichts Eckiges geschaffen, alles in der Natur ist rund. Die Natur kennt kein Ende und keinen Anfang, alles in der Natur ist ein Kreislauf.

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